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Paraguay | 13. - 24. Juni 2009 |
Von Puerto Suarez (Bolivien) ueber Corumba (Brasilien) erreichen wir nach 100 Kilometer Puente Morinho (Brasilien) und lassen uns mit einem Boot nach Porto Esperanca (Brasilien) bringen. In der Annahme dort unser Schiff nach Asuncion zu besteigen geniessen wir die Fahrt mit Flusstaxi auf dem Rio Paraguay. Die Flussgeschwindigkeit laesst sich durch die losgerissen “Seerosen” schnell feststellen. Teilweise bedecken diese treibenden Gewaechse grossflaechig den Wasserweg. Unser Bootsfuehrer muss sich den Weg voraussichtig waehlen um passierbare Luecken rechtzeitig durchfahren koennen. Ein Zwischenhalt beim Eisenbahnviadukt ermoeglicht uns einen fantastischen Weitblick ueber den Rio Paraguay.
Nach 40 Minuten erreichen wir Porto Esperanca. Ein Schock! Wo befindet sich das Hafengelaende? Es scheint, dass sich ausser uns und den Moskitos niemand hierher verirrt hat. Ja, ja, bestaetigt uns der Bootsfuehrer stolz, das ist Porto Esperanca in Brasilien. Die Daemmerung hat bereits eingesetzt und es stellt sich die Frage wo wir die Nacht verbringen werden. Miguel erkennt unser Entsetzen und bringt uns zu seinem Freund, der am Flussufer wohnt. Einmal mehr freuen wir uns ueber die Suedamerikanische Hilfsbereitschaft. Die ganze Familie hilft beim Ausladen und bringt unsere Taschen in ein kurzfristig bereitgestelltes 4-Bett-Zimmer. 2 Betten sind mit frischen Bettlacken ueberzogen und stehen fuer uns bereit. Die Matrazen der restlichen 2 Betten haben die Jungs ins andere Zimmer gebracht. In der Kueche ist die Mama bereits am kochen, so dass unser Hunger auch bald ein Ende findet.
Selbst die beste Planung kann buchstaeblich ”in's Wasser fallen”. Wir befinden uns am falschen Flussufer. Das von uns erwartete Schiff faehrt ab Puerto Esperanza in Paraguay und dies liegt etwa 200 Kilometer weiter flussabwaerts, und ist von hier nur auf dem Wasserweg erreichbar. Ausserdem gibt es nur einmal woechentlich ein Auslaufen nach Asuncion, jeweils Freitags um 07.00 Uhr und somit erst in 5 Tagen. Der Gastgeber wuerde uns Morgens weiter Flussabwaerts zum Hafen bringen. Eine 5-stuendige Bootsfahrt, 140 Liter Benzin plus 100 USD wuerde uns der Spass kosten. Es gibt nur eine vernuenftige Loesung! Zurueck nach Puente Morinho, wo sich auch nur ein paar einsame Huetten, die Tankstelle und die Bruecke befinden.
Wo es eine “Zapfsaeule” gibt, da findet sich bestimmt auch ein LKW bis zum naechsten Busterminal. Die Mitfahrgelegenheit laesst nicht lange auf sich warten, und wir werden ins 160 Kilometer entfernte Miranda befoerdert. Portugiesisch verstehen wir nicht und sprechen ist erst recht nicht moeglich. Zeichensprache und die Hilfe eines spanischsprechenden Einheimischen lassen uns bald im Reisecar 270 Kilometer weiter nach Campo Grande fahren. Im grossen Busterminal, hier treffen sich die meisten Linien von Brasilien, muessen wir umsteigen, um in's 1000 Kilometer entfernte Asuncion zu gelangen. Morgens um 06.00 Uhr nach 14 Stunden Nachtfahrt, die Daemmerung hat noch nicht eingesetzt, radeln wir zum 8 Kilometer entfernten Stadtzentrum.
Asuncion, die Hauptstadt von Paraguay mit 600'000 Einwohner, hat uns ausser den vielen gefaehrlichen Schlagloecher im Asphalt, nicht viel geboten. Beim Stadtrundgang ist uns das “Panteon de las Heroes” mit den 2 Wachsoldaten aufgefallen. Dieser kuppelgekroente Prachtbau wurde 1936 nach seiner Fertigstellung als Kriegsgraeberstaette eingerichtet. Unuebersehbar ist der Regierungspalast und die direkt vorgelagerten Slums. Die Elendsviertel erstrecken sich bis an das Flussufer des Rio Paraguay und werden von der Policia National ueberwacht. Extremer koennten die Gegensaetze nicht sein! Die Regierenden geniessen einen sensationellen Ausblick, und die Randstaendigen koennen sich keine Fenster in ihren Bretterbuden leisten.
Verlassen und verkommen steht auch das alte Bahnhofsgebaeude, welches 1856 eines der ersten des Suedamerikanischen Kontinents war. Nur eine Strassenbreite entfernt, befindet sich die “Plazza Uruguaya”. Ein erschreckendes Bild von Elend, Unrat und Plastikfolien-Zelten. Es ist uns unverstaendlich, dass inmitten der Hauptstadt von Paraguay ein derartiger Elendsplatz “Uruguaya” genannt wird. Dieser Fussballfeld grosse Flecken beherbergt 50 – 100 Behausungen, deren Familien und eine handvoll WC-Haeuschen. Auch dieses Elend wird rundum von der Polizei bewacht, aus Vorsicht dass sich kein Tourist hinein verirren kann. Zwei Tage in Asuncion haben uns gereicht, wir ziehen weiter ins 360 Kilometer oestlich liegende Ciudad del Este.
Die “Ruta International” fuehrt erst 2-spurig aus der Grossstadt, wird jedoch schon bald nur noch 1-spurig gefuehrt. Alles, aber auch alles wird auf dieser Hauptverkehrsachse quer durchs Land bewegt. Das Verkehrsaufkommen ist enorm. Selbst auf der entgegenkommenden Strassenhaelfte herrscht Gegenverkehr. Wo ein Pannenstreifen gefuehrt wird, was auf fast der ganzen Autopista der Fall ist, sind “Sekunden-Schlaf-Schwellen” eingebaut. Diese quer zur Fahrrichtung gelegten Asphalterhoehungen sind fuer uns Radler derart Unangenehm, dass wir beim Überfahren erst einen Stop einlegen muessen. Somit befinden wir uns immer zwischen schnellem Verkehr, Asphalt-Schwelle oder entgegekommenden Fahrzeugen, die noch schnell vor ihr Haus draengeln wollen.
Auf der ganzen Strecke von Asuncion nach Ciudad del Este bestehen genuegend Versorgungsmoeglichkeiten, bei den angrenzenden Landwirtschaftsbetrieben “Estancias” ist auch meistens ein Platz fuers Zelt zu finden. Nach 4 Tagen, mehr Frust als Lust erreichen wir Ciudad del Este, die am schnellsten wachsende Stadt des Landes. Die “Puente de la Amistad” welche den Rio Parana ueberspannt und der Bau des Wasserkraftwerkes brachten den Stadt den Aufschwung. Inzwischen leben hier 300'000 Einwohner, in einer Schmuggelstadt wo sich alles kaufen und verkaufen laesst, was Geld bringt. Elektronikgeraete, Spirituosen, Parfueme, Kleidungsstuecke und Kopien von Markenartikel werden zu Tiefstpreisen angeboten.
Am Wochenende erscheint die Stadt wie ausgestorben, ideal fuer uns zu den 40m hohen Wasserfaellen am Parana-River zu radeln. Ciudad del Este liegt sehr zentral. Die Brasilianische Grenze, die Wasserfaelle “Saltos Monday” und das Itaipu-Kraftwerk liegen im Umkreis von nur 10 Kilometer. Das temperamentvolle Verkehrsverhalten der Innenstadt benoetigt allerdings starke Nerven und eine dauerhafte Bremsbereitschaft!
Das groesste Wasserkraftwerk der Welt!
Mit einem fahrbaren Untergestell welches sich “Hernandarias”-Regionalbus nennt, begeben wir uns zum 10 Kilometer entfernten Megakraftwerk Itaipu. Im Auditorium gibt es einen Informationsfilm (in 3 Sprachen moeglich) mit anschliessender Fuehrung durchs Gelaende mittels eines Luxuscars. Ein absolutes “Must” diese geniale Pionerleistung zu besichtigen und dies, man staune, kostenlos!
Als ein “Denkmal der Solidaritaet, der Zusammenarbeit und der Integration” wurde im Mai 1991 das Kraftwerk Itaipu eroeffnet. Mit der Vereinbarung im Jahre 1966 war der Grundstein des binationalen Unternehmens zwischen Brasilien und Paraguay gelegt. Der Fluss Parana sollte zu gleichen Teilen zur Energiegewinnung genutzt werden. Ein internationales Konsortium, bestehend aus den Firmen IECO-USA und ELC-Italien bekamen den Zuschlag. Die Bauzeit diesen gigantischen Projektes betrug 16 Jahre (1975 -1991) und kostete angeblich 22 Miliarden Dollar.
Zahlen:
Die 1,2 Millionen Bauplaene, Zeichnungen und Materiallisten uebereinandergelgt, wuerden einen Stappel von 50 Stockwerken gleichkommen. Die 12,3 Mio. Kubikmeter Beton wuerden ausreichen um 210 Fussballstadien zu bauen. Mit dem verbrauchten Eisen- und Baustahl koennte man 380 Eiffeltuerme bauen. Der Hochwasserueberlauf von 62,2 Mio. Kubikmeter entspricht der 40-fachen Durchflussmenge der Iguacu-Waserfaelle und erreicht eine Geschwindkeit von 120 km/h. Der Stausee hat die groesse von 1350 Quadratkilometer, bei einer Ausdehnung von 170 km, und ist somit 2,3 mal groesser als die Genferseeflaeche. 20 Francis-Turbinen (10 Brasilien, 10 Paraguay) erreichen eine Gesamtleistung von 14 Mio. Megawatt. Eine Turbine vermag eine Stadt von 1,5 Mio. Einwohner zu versorgen. Die Staumauer ist an ihrer hoechsten Stelle 196m hoch.
Auf dem Rueckweg nach Ciudad del Este, sind “El Museo de la Tierra Guarani” und der integrierte zoologische Garten nicht zu verpassen. Dort wird die Kultur der Guarani-Indianer, die Tierwelt des Kontinentes konserviert in Vitrinen und lebend in Gehegen gezeigt. Mehrfach hat man uns darauf hingewiesen, dass in Paraguay (Chaco) wilde Bergloewen, Jaguare und Panther leben. Es sei deshalb gefaehrlich, diese Region zu durchqueren. Diese Tiere wuerden auch Radfahrer nicht vom Speiseplan ausschliessen.
Fuer uns war Paraguay ein “Durchgangsland” um zu den Wasserfaellen von Iguacu (Brasilien) und weiter nach Argentinien zu gelangen. Ausser dem Itaipu-Wasserkraftwerk und die Salto Monday Wasserfaellen, welche fuer uns die “rettenden” Hoehepunkte darstellte, hatte uns Paraguay nicht viel mehr geboten.
Nach 380 Kilometer verlassen wir Paraguay mit folgenden Erinnerungen:
Slums inmitten des Stadtzentrums von Asuncion
Gefaehrliche Tiger, Panther und Jaguare im Chaco
Flussfahrt auf dem Rio Paraguay
Odysse nach Porto Esperanca, Brasilien
Wasserfaelle Salto Monday
Weltgroesstes Wasserkraftwerk Itaipu
Fuer uns ein Durchgangsland, mit Panama vergleichbar (je ein gigantisches Bauwerk)
Bikerinfo zur Strecke
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Aktiv (5 Fahrtage) |
380 Kilometer |
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Transfer nach Asuncion (Bus) |
450 Kilometer |
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Total Hoehenmeter |
450 Hm |
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Durchschnittsgeschwindigkeit |
18,1 km/h |
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Fahrzeit in Bewegung |
21 Stunden |